Schicksalhafte Begegnungen

Heute auf dem Weg in die Agentur begegneten mir zwei Schornsteinfeger in voller Montur. Ich hielt kurz an, um zu fragen, ob sie mir die Hand geben würden, ich könne etwas Glück gebrauchen. Beide schmunzelten und meinten „Na, klar!“. Gesagt, getan. Gleich doppeltes Glück könnte mir also heute, am Freitag, den 13. widerfahren. Yippie!

Ich bin nicht sonderlich abergläubisch. Aber es gibt Momente – und ein solcher geschah gestern – in denen man denkt, sämtliches Unglück würde gerade über einem ausgekippt.

Als Schauspielagentin weiß ich, dass der Glücksfaktor ein wesentlicher Baustein sein kann, der einer Künstlerkarriere den entscheidenden Kick versetzt. Man kann in den Biografien zahlreicher Stars nachlesen, dass ein „Zufall“ oder eine „glückliche Fügung“ dazu geführt hat, dass ihnen die Person, die Rolle, die Chance begegnete, die ihnen zum großen Erfolg verhalf.

Meiner Meinung nach ist es das Zusammenspiel vieler kleiner Begebenheiten, das an irgendeinem Punkt seine volle schicksalhafte Wirkung entfaltet. Und ohne dieses letzte Puzzleteilchen oder durch einen anderen Impuls hätte alles auch einen unterschiedlichen Ausgang haben können.

Hätte ich nicht vor 15 Jahren die spontane Idee gehabt, in einer Magdeburger Jugendtheatergruppe auf Talentsuche zu gehen, wäre es für den 11-jährigen Schauspielschüler, den ich dort entdeckt habe, sicher anders gekommen. Höchstwahrscheinlich wäre er nicht kurz darauf ausgewählt worden, mit seinem Idol Johnny Depp den Film „Charlie und die Schokoladenfabrik zu drehen. Es war für uns beide eine schicksalhafte Begegnung, denn auch ich erinnere mich immer noch gerne an die Londoner Premiere und das Zusammentreffen mit Tim Burton und seinem Superstar. Und an das Leuchten auf den Gesichtern des Jungschauspielers und seiner Mutter an diesem besonderen Tag. Ein ganzes Jahr lang bekamen übrigens nicht nur seine Familie sondern auch wir in der Agentur Süßigkeiten so viel wir wollten aus den USA geschickt! Und Schokolade soll ja bekanntlich auch glücklich machen.

Die Glücksmomente in meinem Berufsleben als Schauspielagentin überlagern erfreulicherweise immer noch die Augenblicke voller Ärger oder Frust, die es natürlich auch gibt. Wenn mal die Enttäuschung über mangelnde Wertschätzung für den jahrelangen Einsatz oder fehlendes Vertrauen droht die Oberhand zu gewinnen, ist es schön, wenn einige Minuten später ein Anruf von einer loyalen Klientin einen wieder aufbaut.

Wie gestern geschehen.

In den 21 Jahren, die ich schon als Agentin tätig bin, gab es auch immer wieder unglückliche Phasen. Wie jede/r andere Selbständige auch sorgt man sich manchmal über das Auf und Ab der Erfolgskurve, und man fragt sich, ob man nicht noch mehr tun könnte, sollte, müsste. Aber in diesem Job ist man ohnehin schon fast 24/7 im Einsatz. Drei Wochen Urlaub wie in anderen Berufen erlaubt sich so gut wie niemand im Agenturgeschäft.

Umso wichtiger, dass man wenigstens Spaß an seiner Aufgabe hat und ihr mit ganzem Herzen nachgehen kann. So lange das noch der Fall ist, kann mich auch ein Freitag, der 13. nicht erschrecken.

Bis zum nächsten Mal!

Herzlich, Birgit Abraham

 

 

Herz ist Trumpf

Gerade klingelte das Telefon. Am Apparat war eine Schauspielerin, die ich in meiner Agentur vertrete, um mir von ihrer überstandenen OP zu berichten. Keine typische Situation in meinem Agentenalltag, aber doch eine ganze bedeutsame.

Sie spiegelt wider wie vielfältig mein Beruf als Künstlermanagerin sein kann und auf was es vor allem ankommt: Empathie . Dass meine Klienten* sich in ihrer beruflichen Situation wohlfühlen und zufrieden sind bedeutet mir mindestens genau so viel wie die Erfolgsbilanz bei der Engagementvermittlung. Viele Künstlerseelen sind sehr sensibel und brauchen Zuspruch und Aufmerksamkeit. Und selbst wenn beides mal eine zeitlang nicht von den Casting Direktoren kommt, so ist es doch wichtig dass sie sich auf meine Anteilnahme verlassen können.

Dabei vermischt sich mitunter Privates und Berufliches, so wie in dem oben geschilderten Fall. Auf einmal befinde ich mich in dem Telefonat auf einer sehr persönlichen Ebene mit meiner Schauspielerin. Es folgt ein Austausch über die Verträglichkeit von Narkosen,  operative Eingriffe und Tipps für den Genesungsprozess.

Vor allem ist mir wichtig dass sie weiß, dass sie alle Zeit der Welt hat um sich auszukurieren. Dass sie im schlimmsten Fall Bühnenauftritte absagen kann und ich ihr diesbezüglich den Rücken stärke. Nichts geht über eine intakte Gesundheit! Auch wenn Schauspieler dazu neigen mit eiserner Disziplin ihre Verpflichtungen zu erfüllen, ist es manchmal nötig ihnen klarzumachen, dass man in Ausnahmefällen auch von dem Pfad der Tugend abweichen darf.

Häufig erlebe ich, wie am Ende eines Drehs oder Theaterengagements die Gesundheit des Künstlers geradezu kollabiert, und er oder sie anschließend mit einer heftigen körperlichen Reaktion auf die vorangegangene Anstrengung zu kämpfen hat. Es gibt mitunter 16-Stunden-Tage am Filmset bei Wind und Wetter. Das hält man aus, keine Frage. Oder auf wochenlange intensive Bühnenproben folgen fast allabendlich 30 Vorstellungen. Im Winter, wenn es dabei im Publikum überall schnieft und trieft braucht man da schon ein stabiles Immunsystem, um nicht mittendrin krank zu werden und die Kollegen im Stich zu lassen.

Was hat das jetzt mit mir zu tun?

Ganz allgemein gesagt, besteht meine Aufgabe als Künstlermanagerin darin, die von mir vertretenen Schauspieler auf ihrem beruflichen Weg zu unterstützen und voran zu bringen. Ich vermittle ihnen Beschäftigungsmöglichkeiten und berate sie in Bezug auf ihren öffentlichen Auftritt.

Für mich bedeutet „Management“ aber nicht nur Terminkalenderpflege und Vertragsverhandlung. Im Mittelpunkt steht für mich dabei immer der Künstler. Was treibt ihn an und wo will er hin? Welche Hilfe kann ich ihm aus meiner Berufs- und Lebenserfahrung heraus zukommen lassen?

Bei Schauspielneulingen hat das viel von Coaching, bei den erfahrenen Profis ist es manchmal nur ein ganz sanftes Richtung weisen.

In diesem Blog möchte ich anhand von Beispielen aus meinem Berufsalltag aufzeigen, mit welchen Situationen ich es zu tun habe, und was diese für Auswirkungen haben können. Dabei erfahrt ihr viel über mich und meine Arbeitseinstellung. Und darüber, womit Schauspieler und Agenten tagtäglich zu kämpfen haben. „Fusselcheck“ schaut ganz genau hin!

Bis zum nächsten Mal!

Herzlich,
Birgit Abraham

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* Zum Vereinfachen des Leseflusses verwende ich in meinem Blog das generische Maskulinum. Liebe Damen, bitte nicht persönlich nehmen!